Currently on show at Visual Voice Art Gallery are the exciting works by artists Andrea Rausch and Geneviève Saumier.

Andrea Rausch is a German born artist who is currently based inHamburg. She studied at the Hochschule für bildende Künste inHamburg and at the Royal College of Art inLondon,England. Her work has been featured extensively in her home country and in theU.K.  Rausch’s work has also been featured in five art catalogues.

Seeing the work of artist Andrea Rausch is an invitation to delve deeply into the psyche of the artist. Currently on exhibit is her series Umnachtungshaut (Blackout Skin) which as the artist points out described a period in her life when she went through emotional trauma. According to Rausch: “I felt as though darkness was enveloping me like a skin.” The paintings act as a catharsis in which Rausch has employed a richly textured palette to illustrate the deepest and darkest part of her soul. Working in abstraction her vision is intense with emotion as she creates haunting narratives of her experience.

In much of her work, there are representations of the female form set against a backdrop of warm intense reds and oranges juxtaposed by dark lines black lines of charcoal and ink that impose themselves upon the canvas. Rausch is said to incorporate archetypes of Greek mythology into her work; and with layered movement infused with unrestrained brush strokes she has created her own dark narrative populated by passionate characters

By Khoba Sysavane

 

 

 

 

 

Text zur Arbeit von Andrea Rausch von Eberhard Stosch, Kunsthistoriker aus Hamburg


FREMD ZU HAUSE

Andrea Rausch im Künstlerhaus Bergedorf


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Die Autonomie von Kunst und Künstler , sie ist tief eingewoben, seit der Gründung der Institution, in das Selbstverständnis und die Praxis des Künstlerhauses Bergedorf. Andrea Rauschs Malerei auszustellen, diese Entscheidung taugt aufs allerschönste zum Nachweis , dass das mittlerweile mit Tradition begabte Konzept sich lebendig erhält.

Fremd zu Hause“ ist der Titel der Ausstellung. Sie präsentiert eine erkleckliche Anzahl von Gemälden unterschiedlichen Formats in verschiedenen Techniken, zumeist Öl, aber auch Acryl, Aquarell , sowie Digitaldruck und mixed media, hier zu verstehen z.B. als Übermalung von Photographie. Das Technisch-Handwerkliche wird von Andrea Rausch souverän eingesetzt in der formalen Strukturierung wie der farbigen Orchestrierung ihrer Werke, und das nicht erst seit heute. Auf dem Fundament der malerischen Durchführung lässt die Künstlerin Visionäres entstehen, mit dem älteren Ausdruck: Gesichte. Es sind diese verstörenden ‚“figments of the mind“ heißen sie bei Shakespeare, trügerisch-reale, zugleich aber potentiell befreiende Figurationen des Visuellen.

Eine langwährende Überlieferung ist es nun, die dem zentralen Thema dieser Bilder zugrundeliegt. Die Gestalt der Medea, die zur Mörderin ihrer Kinder wird, erschien dereinst auf der Bühne des Theater der Griechen . Katharsis ist das Ziel, das deren Bühnenspiel grundiert: Mit Furcht und Zittern, und gebannt in traumähnliche Faszination folgte das Publikum dem Geschehen auf der Bühne, da sich die Tragödie zutrug. Verraten und ausgesetzt in der Fremde wird Medea in die Entsetzlichkeiten ihrer Tat getrieben.

In der Geschichte der Kunst haben vor allem die Maler die Gestalt dieser kindermordenden Verlassenen immer wieder mit großem Pathos inszeniert. Man blicke auf einen Romantiker wie Delacroix. Die Ikonographie sieht Medea mit dem gezückten Dolch. Die Kinder drängen sich schutzsuchend an sie. Wut und Trauer im Blick, wendet sie sich, hält Ausschau nach dem Verräter Jason, dem sie, ihrerseits Verrat übend, einst half, das Goldene Vliess zu rauben.

Soweit, so gut. Wie aber steht es mit einem solchen Stoff heute? Die Wirkungsgeschichte des Medea-Themas in den vergangenen vierzig Jahren erklärt sich aus dem historischen Aufbruch, den wir als Feminismus kennen. Es läßt sich nicht von der Hand weisen, daß Medea wie kaum eine andere weibliche Gestalt die Probleme der weiblichen Identität spiegelt. Das Theater, die Oper, der Film werden seit den siebziger Jahren nicht müde, den Stoff zu drehen und zu wenden. Ähnlich die Literatur, wobei die Version der Christa Wolf die stärksten Impulse aussendet.

Die Thematisierung des Medeastoffes ist dabei keineswegs bloß retrospektiv. Im Gegenteil, die Figur erlaubt Explorationen des Terrains der Emanzipation, die grundstürzende Folgen zeitigen. Mit einem Wort, es ist die feministische Wende, die in nicht zu überschätzender Weise einer Wiederaneignung des Stoffes den Boden bereitet. Medea ist eine Sonde, die im gesellschaftlichen Körper die tiefsten Tiefen auslotet. „Nirgends“, heisst es schon bei RM Rilke, " wird Welt sein als Innen …“.

Die Malerei der Andrea Rausch wagt sich in jenes Innen, in jenes Dunkel, das dunkler ist als eine lichtlose Nacht. Das Unbewußte ist nach Freud wie ein dunkler Kontinent, dort schlafen die Ungeheuer . Sie heißen Eros und Thanatos. Das rücksichtslose, gewalttätige Begehren und der alles verschlingende Tod. Freuds kulturelle Tat besteht nicht zuletzt darin, dass er zwingend machen konnte, dass die Konflikte, die sich im Seelenleben des modernen Menschen zeigen, in der Welt der Griechen, in deren Mythos vorgebildet sind.

Was der Zeitgeist um 1900 "Nervenschwäche" nennt, wird in der Sprache der Psychoanalyse zum zentralen Symptom der Moderne. Die Störung des Seelischen, Neurose geheißen, tritt im Komplex zutage: Ödipus, Elektra, und im Fall der Medea, obwohl nach ihr kein Komplex benannt ist.

Andrea Rauschs Bilder wissen um diese Zusammenhänge, ja, sie sprechen zu uns davon in ihrer eigenen - unnachahmlichen - Weise. Könnten sie auch in Worten reden, so würden sie vielleicht sagen: „Nicht wie WIR wollen, sondern wie ES will“. Sie, deren visuelle Eloquenz dem Betrachter manches Mal mehr aufbürdet, als unmittelbar zu bewältigen ist, würden damit ein zentrales Wort Freuds variieren, und zugleich ihr Potential treffend benennen.

Gemeint sind jene Kräfte, die Wandlungen des Innen bewirken. Der Dichter Rilke spricht in einem seiner "Sonette an Orpheus" von der Macht des Kunstwerks, solche Transformationen des Ichs auszulösen. Ein Torso des Apoll wird beschworen, eine Figur ohne Kopf. Es heißt dann, wundersamerweise, daß dieser Torso uns ansieht: " Da ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern."

Die Bilder sind demnach nicht bloß ästhetische Gegenstände, deren Schönheiten es zu entdecken gilt. Das sind sie wohl auch, freilich auf sehr besondere Weise: Die Malerei behandelt gerade das Entsetzliche, das uns innerlich erzittern lassen kann, mit einer Farbigkeit , mit einer Komposition, deren Modulationen das Auge zu betören vermag. Dies erweist sich insbesondere aus der Nahsicht. Die erste Anmutung aber, kulminierend im gegenständlich Gefassten der Themen, will eher ertragen als genossen sein. Besonders auf den ersten Blick.

Das aber liegt weniger an den Bildern selber als an uns, den Betrachtern, die wir aus dem Brunnen unseres Unbewussten schöpfen, so wir uns denn den Bildern öffnen. Am Beginn der Moderne, im Augenblick einer vielberufenen "Entzauberung der Welt", ruft Einer, der nicht irgendjemand ist, dem Publikum der Kunst etwas Bedeutsames zu. Man möge nicht glauben, das Bild hänge an der Wand. Vielmehr müsse jeder einzelne es in sich erschaffen.


Wendet man vor diesem Hintergrund den Blick noch einmal auf den Titel der Ausstellung, so erscheint seine paradoxale Struktur in neuem Licht. Das, was zunächst eine Art hölzernes Eisen schien - Fremdsein und Zuhause schliessen ja auf den ersten Blick sich aus - entfaltet ein semantisches Potential, das besagt: Im Vertrautesten verbirgt sich das Andere. Es sorgt so lange für Irritationen , bis es assimiliert werden kann. Die Bilder der Ausstellung sind, so verstanden, dunkle Spiegel, die gleichwohl Licht in unsere Angelegenheiten bringen.


 

 

 

Andrea Rausch „Gesichtet“

 

ab 9.6.2019 im Husumer Rathaus

 



 

Zur Eröffnung am Pfingstsonntag erschienen rund 50 Gäste, die auch die Gelegenheit zu Gesprächen mit der Künstlerin nutzten. Sehr einfühlsam begleitete Sönke Thießen mit vorwiegend eigenen Kompositionen für Gesang und Gitarre die Eröffnung.

 

Hier einige Informationen zur Ausstellung in Anlehnung an die Eröffnungsrede.

 

Andrea Rausch wurde 1960 in Hamburg geboren. Gleich nach dem Abitur bewarb sie sich an der Hamburger Kunstakademie am Lerchenfeld und wurde angenommen. Nicht aufgrund ihrer wohl vorbereiteten Mappe, sondern mit einer Reihe von spontanen Skizzen und verworfenen Blättern, die sie zum Glück nicht weggeworfen hatte. Zufall oder Bestimmung? Als die ordentlichen Arbeiten bei einem beratenden Vorgespräch von dem damaligen Leiter der Hochschule als technisch gut, aber „langweilig“ abgetan wurden, wurden ihm diese wilderen Bilder quasi zum Fraß vorgeworfen und er biss zum Erstaunen der jungen Frau an.

 

Bekanntlich hatte die Malerei in den 70er Jahren einen schweren Stand in Hamburg und manch ein junger Künstler verließ deshalb die Stadt an der Elbe und zog in malereifreundlichere Gefilde.

 



 

Doch 1980 sah die Sache langsam etwas besser aus. Es war die Zeit, da die neuen Wilden, die Enkel des Expressionismus, einen frischen Wind auch an die HfbK Hamburg brachten. Dieser freie und emotionale Umgang mit Form und Farbe, der im Gegenständlichen blieb, kam der jungen Künstlerin entgegen.

 

Nach dem Abschluss des sechsjährigen Studiums ging Andrea Rausch als Stipendiatin des DaAD für ein Jahr nach London, wohin sie zurückkehrte, um am Royal Collage of Art 1990 ihren Master zu machen.

 

Hamburg aber war und ist ihr Lebens- und Schaffensmittelpunkt, was auch die Themen vieler ihrer Ausstellungen belegen. So arbeitete sie z.B. zu dem Dichter Wolfgang Borchert. Sie ist Mitglied im BBK und in der Gedok.

 

Die Bilder Andrea Rauschs sind zutiefst psychologisch. Gesichtet, ein Titel, den sie bereits häufiger verwendet hat, beschreibt ihre Vorgehensweise und deren Ambivalenz. Einerseits beschreibt das Wort eine Auswahl aus Vorhandenem. Gesichtet, im Sinne von durchgesehen. Für gut befunden und ausgewählt - oder verworfen, eventuell beiseitegelegt oder übermalt.

 

Gesichtet aber auch wie etwas im Nebel plötzlich Aufgetauchtes, Land in Sicht auf See, etwas erkannt haben, was ein Ziel oder Hilfe darstellt.

 

Hier kommt der psychologische Aspekt zum Tragen, der im Werk von Andrea Rausch eine große Rolle spielt. Damit ist immer auch die Preisgabe eigener Gefühle und Erlebnisse verbunden. Kunst dieser Art, das gilt auch für das Schreiben und Komponieren, geht immer zusammen mit der Verarbeitung intensiv erlebter Erfahrungen einerseits und andererseits im besten Falle starker Empathie für den Menschen überhaupt.

 

Nicht von ungefähr gibt es so etwas wie „allgemeine Menschheitsthemen“, welche die Dichter und Künstler immer wieder beschäftigen. Sie sind uralt und haben die Stärken und Schwächen der menschlichen Natur thematisiert in Märchen, Sagen und Legenden. Besonders aber in Mythologien.

 

Diese geben beispielhaft Konflikte und Verhaltensmuster wieder, mit denen die Menschheit klarkommen muss. Liebesglück und Leid, Machtgier und Aufopferung, Neid und Großzügigkeit, Korruption und Wahrhaftigkeit, Brutalität und Sanftheit, Stärke und Verletzlichkeit. Vor allem hält die griechische Mythologie in ihrer Vielfalt der Menschheit einen Spiegel vor, der nun wirklich nicht immer das von der Klassik propagierte „Gute, Wahre und Schöne“ zeigt, sondern vielmehr die Abgründe der Seele und die Unausweichlichkeit des Schicksals, bestimmt von Göttern, die eben diese menschlichen Stärken und Schwächen personalisieren. Kein Wunder, dass Symptome und Krankheitsbilder in der Psychiatrie nach ihren Figuren benannt wurden. Einen direkten Hinweis auf diese geben einige Bildertitel wie Apoll, Artemis, Amazone oder Medea, letztere Thema einer Gedok-Reihe. In Husum sehen wir zwei dieser Darstellungen.

 

Zurück zur Malerin. Sie selbst sagt über ihre Gemälde, dass sie sich in das Innere herab wage. Es reizt sie, das Geheimnisvolle sichtbar zu machen, das Dunkle zu ergründen. Es teilweise aufzudecken, aber auch zu verhüllen. Manche Bilder spiegeln eindeutig Ängste wieder, andere sind einfach schön und harmonisch. Diese Ambivalenz ist typisch für das Werk von Andrea Rausch, in das diese Ausstellung einen vielfältigen Einblick gibt. Gerne arbeitet die Künstlerin, oft über mehrere Jahre hinweg, an Serien. Dabei gab das 40x40 Quadrat Köpfe vor, das schmale Hochformat regte sie zu Figuren, meist Frauengestalten an. Diese sollen nicht personalisiert erscheinen, nicht als Individuum. Deshalb sind die Gestalten meist nackt, auch oft ohne Haare: Verletzlichkeit und Empfindsamkeit.

 

Auf das Sichten und Auswählen folgt mit dem Prozess des Malens eine Verselbständigung, die Farben regieren. Das Malerische steht im Dialog mit der Fantasie. Nicht selten führt der Weg in ganz neue Richtungen. Übermaltes wird wieder weggekratzt, allzu Gefälliges gebrochen. Akzente verschoben. Die Künstlerin dreht die Leinwände auch auf der Staffelei und arbeitet von allen Seiten, wodurch der Malprozess sich gewissermaßen verselbständigt. Der erste Entwurf erfolgt häufig ohne feste Vorstellung aus dem Unbewussten heraus. Stimmungen wandeln sich. In einigen Werken lässt sich dieser Prozess bei genauerer Betrachtung auch ansatzweise vom Betrachter nachvollziehen. Es geht dabei natürlich weniger darum, zu erkennen, was die Künstlerin „gemeint“ hat, als selbst Dinge wiederzuerkennen.

 

Andrea Claussen

 

 



 

 

 

Currently on show at Visual Voice Art Gallery are the exciting works by artists Andrea Rausch and Geneviève Saumier.

 

Andrea Rausch is a German born artist who is currently based inHamburg. She studied at the Hochschule für bildende Künste inHamburg and at the Royal College of Art inLondon,England. Her work has been featured extensively in her home country and in theU.K.  Rausch’s work has also been featured in five art catalogues.

 

Seeing the work of artist Andrea Rausch is an invitation to delve deeply into the psyche of the artist. Currently on exhibit is her series Umnachtungshaut (Blackout Skin) which as the artist points out described a period in her life when she went through emotional trauma. According to Rausch: “I felt as though darkness was enveloping me like a skin.” The paintings act as a catharsis in which Rausch has employed a richly textured palette to illustrate the deepest and darkest part of her soul. Working in abstraction her vision is intense with emotion as she creates haunting narratives of her experience.

 

In much of her work, there are representations of the female form set against a backdrop of warm intense reds and oranges juxtaposed by dark lines black lines of charcoal and ink that impose themselves upon the canvas. Rausch is said to incorporate archetypes of Greek mythology into her work; and with layered movement infused with unrestrained brush strokes she has created her own dark narrative populated by passionate characters

 

By Khoba Sysavane

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Text von Peter Heber – Künstler- zur Ausstellung im Kunstverein Springe

 

 

 

 

 

Andrea Rausch

 

 

 

Body and Soul“, so lautete die letzte Ausstellung von Andrea Rausch in der „Galerie d´art contemperain Visual Voice“ in Montreal in Canada. Andrea Rausch ist eine Malerin. Eine Malerin von vornehmlich weiblichen Körpern. Eine Malerin der Seele. Eine Malerin, die im Malprozess instinktiv Farben und Formen findet, die assoziativ existenzielle Fragen über das Leben, das Sein, in mir wachrufen. Ihre Malerei ist pur, nicht vordergründig, nicht illustrativ. Ihre Malerei ist suchend. Eine Malerei, die zufällig entstandene Spuren des Farbauftrags nutzt. Diese bleiben auf der Malfläche ablesbar. Der Malprozess scheint mir ein permanentes „Sich-Selbst-Befragen“ zu sein. Ein Dialog, der im Malen das Leben und das Erlebte untersucht. Das lässt mich an die Malerei des englischen Künstlers Francis Bacon denken, der in seinen Bildern der menschlichen Existenz nachspürte. Er sagte über seine Arbeiten: „Ich möchte, dass meine Bilder aussehen, als sei ein menschliches Wesen über sie hinweggegangen und hätte, wie eine Schnecke ihren Schleim, eine Spur menschlicher Präsenz und die Gedächtnisspur vergangener Ereignisse auf ihnen zurückgelassen. ...“

 

Body and Soul“ ist für Andrea Rausch der Anlass zum Malen, sich in einer visuellen Sprache zu formulieren. Andrea Rausch malt Bilder, in denen sie dem Körper nachspürt. Die Malerin Maria Lassnig, die in ihren Werken das Malen von Körpergefühlen erforschte, schrieb 1980: „Ich trete gleichsam nackt vor die Leinwand, ohne Absicht, ohne Planung, ohne Modell, ohne Fotografie, und lasse es entstehen. Doch habe ich einen Ausgangspunkt, der aus der Erkenntnis entstand, dass das einzig mir wirklich Reale meine Gefühle sind, die sich innerhalb des Körpergehäuses abspielen: physiologischer Natur, Druckgefühl beim Sitzen und Liegen, Spannungs- und räumliche Ausdehnungsgefühle – ziemlich schwierig darstellbare Dinge.“

 

 

 

Hamburg“, in den 80iger Jahren, die Zeit der „Jungen Wilden“, Andrea Rausch und ich studieren an der Hochschule für bildende Künste. In der Malerei spielt der Malprozess und die Darstellung der menschlichen Figur wieder eine wichtige Rolle. Geradezu befreiend, nach der gedachten, trockenen Konzeptkunst. Ich erinnere mich, wenn Andrea ein Bild begann, wurde zunächst mit Zeichenkohle oder mit dünnflüssiger Farbe Flecken-artige Strukturen oder Vorzeichnungen von Figuren vehement auf dem Malgrund angelegt. Ziel war für sie, zunächst die Leinwand zu beschmutzen. Oft wurden die reinen Farben immer wieder mit grauen oder braunen Farbtönen gemischt und übermalt. Ganz im Sinne des Renaissancemalers Tizians, der forderte, dass der Maler seine Farben beschmutzen müsse, um eine farblich sehr differenzierte Malerei zu entwickeln.

 

In einer Serie von Arbeiten hat Andrea Rausch damals Wölfe gemalt. Dazu ist sie in den Zoo Hagenbeck zum Wolfsgehege gegangen, hat etliche Skizzen vor Ort gemacht. Mir ist aufgefallen, dass sie nicht den Wolf als Sujet suchte, sondern das Triebhafte, das Archaische, das Ursprüngliche der Natur und des Lebewesens. Es waren hauptsächlich die Augen, zum Teil auch die Mäuler der Tiere, die ihre Arbeiten dominierten. Ein anderes Erlebnis, an das ich mich noch gut erinnere, ist eine Malaktion in den Semesterferien mit einem anderen Studenten aus der Koberling-Klasse. Die Kunsthochschule war so gut wie leer, kaum ein Mensch. Wir hatten eine große Rolle Papier, die wir in einem Flur-Raum an die Wand brachten, 3 Wände, so jeweils um die 10m Länge. Wir hatten Farbeimer, breite Pinsel, verlängert mit Besenstöcken, und legten los zu malen. Es war ein ständiges Übermalen. Es entstanden immer aufs Neue Landschaften, Figuren, Formen, in die Dinge hineingesehen werden konnten. Andrea Rausch agierte oft intuitiv, zog vereinzelte von uns gesetzte Strukturen, Farbflächen zu einer neuen malerischen Gesamtheit zusammen. Manchmal gerieten wir in eine sehr graue und braune Farbigkeit, einer Art „Ur-Schlamm“ gleich. Der Malprozess, des ständigen Übereinaderlagerns, aber auch das Stehenlassen von bestimmten Farben und Formen ließen uns in einen malerischen Dialog geraten.

 

 

 

London calling“, Andrea Rausch geht mit einem DAAD-Stipendium nach London. In dieser Zeit beschäftigt sie sich mit der englischen Kunst, nicht nur Francis Bacon, sondern auch Künstler, wie David Hockney und Alan Davie, interessieren sie stark. Sie studiert am Royal College of Art bei Alan Miller und Ken Kiff. Die Farben werden leuchtender, es entstehen eher Farbsetzungen, ein anderer Einfluss wird deutlich. Andrea Rausch ist beeindruckt von Ken Kiff mit seinen figürlichen, farbig sehr interessanten und zum Teil erzählerischen Bildern. Bei Andrea Rausch entwickelt sich der Bildraum nicht mehr aus einem Kontinuum des suchenden Malprozesses. Vielmehr wird die Bildfläche farbig angelegt, fragmentarisch erscheinen zum Teil zerstückelt Figuren und Dinge. Der Bildraum ist gebrochen, er wird jetzt aus in sich verzahnenden Formen und Farbflächen aufgebaut. Diese Kompositionen erinnern an Stillleben und Innenräume. In ihnen kann man Gegenstände oder Figuren erahnen.

 

 

 

Springe“, Zeitsprung in die Gegenwart. Die zum Teil neuen, hier von Andrea Rausch gezeigten Arbeiten weisen einige Aspekte ihrer malerischen Entwicklung auf, die ich versucht habe, zu skizzieren. In der „grünen Welle“ sehe ich einige Aspekte ihrer englischen Ansätze. Hier sind es die Fragmente von Figuren und Dingen auf einem grünen Farbgrund, die die spannungsreiche und farbig leuchtende Komposition erzeugen. Die Suche im Malprozess nach der menschlichen Figur ist gut in den Hochformaten hinten am Fenster oder in den grauen Arbeiten an der Stirnwand des Ausstellungsraumes zu sehen. Ein autobiografisch inspiriertes Bild ist das Bild, das an eine Darstellung einer Pieta oder Madonna erinnert: „Selbst angezogen sitzend, mit sich selbst nackt auf dem Schoß“. Hier geht es möglicherweise vorrangig um Erfahrungen aus ihrem Leben, die durch die Findung von Formen im Malprozess zu Tage treten.

 

In den Bildern zu den Gesichtern der Medea nimmt Andrea Rausch sich die Geschichte aus der griechischen Mythologie über das Schicksal von Medea, Medeas Kindern, Jason und Klauke als Anlass zu ihrer Malerei. Hierzu sucht sie im Malprozess malerische Entsprechungen zu deren literarischen Beschreibungen. So sind die Porträts im Farbfluss gemalt, einzelne Gesichtsformen zerfließen. Andere Köpfe verschwinden im Schwarz, verkohlt, sie sind nur noch zu erahnen oder nur im Fragment wahrnehmbar. Das weiße Bild scheint in der Auflösung begriffen, beim zweiten Blick sind Kinderschädel zu erahnen. Auffällig sind die Augen, die aus einem Schwarz der Bilder herausblicken. So auch im zentral gehängten roten Medea-Bildnis. Das rote Bild thematisiert den Blick der Medea fast majestätisch oder bedrohlich aus einem roten strahlen-artigen Bildraum. In diesen Arbeiten entdecke ich die Auseinandersetzung mit dem Archaischen und dem Ursprünglichen, ähnlich wie bei den Wolfsbildern aus der Studienzeit, wieder.

 

Es gibt aber auch ein Medea Bild, in dem der Kopf verschleiert, übermalt ist, ganz in der Übermalung verfangen. Diese Arbeit können sie an der Tür-Wand sehen. An dem Pfeiler dieser Wand befindet sich das Bild, das Andrea Rausch für die Einladungskarte ihrer Ausstellung hier gewählt hat. An diesem Bild wird wunderbar ihre Suche im Malprozess deutlich. Aus mehreren Farbschichten schimmern Formen und Spuren des Farbauftrags durch. Durch die lasierenden Übermalungen entstehen Differenzierungen in der Farbe und in den Formen, mögliche Kopfformen werden so gefunden. Das Übereinanderlegen von Farben und Formen erzeugt gewissermaßen wie das Übereinanderlegen von Geräuschen ein Rauschen.

 

 

 

Gegenüber – Gegenunter“, so hat Andrea Rausch ihre Ausstellung hier in der Kunsthalle betitelt. Die Gesichter der Medea, bzw. der Klauke schauen uns an, sind mir gegenüber. Unter den Malschichten entdecke ich etwas. Etwas, das nicht nur in tiefer gelegenen Farbschichten der Bilder ruht, sondern auch irgendwo in mir schlummert und mich berührt. Der Dialog, den Andrea Rausch mit ihren Bildern führt, scheint sich bei mir in der Betrachtung der Bilder fortzusetzen.

 

Gegenüber der Malerei auf Leinwänden präsentiert uns Andrea Rausch Papierarbeiten im Regal neben der Eingangstür. Interessanterweise sind neben den figürlichen Zeichnungen auch eher abstraktere Arbeiten zu sehen, die das Rauschen zum Thema haben. Diese untersuchen vor allem zeichnerisch Überlagerungen und Verschiebungen von Strukturen. Hier spielt meines Erachtens das Wechselverhältnis vom real Erlebtem und deren Umsetzungen im Arbeitsprozess eine große Rolle.

 

Ich wünsche Ihnen eine intensive Auseinandersetzung und einen betrachtenden Dialog mit den hier gezeigten Arbeiten.

 

 

 

 

 

 

 

von Philipp Wiemers
18. Oktober 2019, 09:38 Uhr

 

FLENSBURG | Am Freitag, 18.Oktober, um 19.30 eröffnet die Kunstausstellung „Tiefengrund“ im Verein KUNST&CO. (Klostergang 8a). Gegenstand der Ausstellung sind Malereien und Zeichnungen in Öl, Acryl und Mischtechniken mit dem Thema der Figur des Menschen.

 

Die Künstlerin hinter der Ausstellung ist Andrea Rausch (59). Sie hat ihr Leben der Kunst und Malerei gewidmet und lebt in Hamburg. Dort studierte sie 1980-1986 Kunst und machte ihren Master of Arts am Royal College of Art 1991 in London.

 

Das Thema der Ausstellung

 

 

 

Die Figur des Menschen ist nicht allein Thema der Ausstellung, sondern beschäftigt Andrea Rausch schon seit ihrer Studienzeit. Die Werke der Ausstellung sind dabei eine Auswahl ihrer Arbeiten der letzten Jahre.

 

Dargestellt werden überwiegend Frauen, doch eine neue Serie beschäftigt sich auch mit männlichen Figuren. Im Allgemeinen geht es jedoch um den Menschen an sich und im Fokus der Malereien stehen dabei vor allem Köpfe und Gesichter.

 

Entsprechend dem Namen der Ausstellung „Tiefengrund“ geht es dabei jedoch nicht um das oberflächliche Erscheinungsbild. Viel mehr geht es um innere Vorgänge und eine tiefgründige Erforschung der menschlichen Natur und Psyche. So werden die männlichen Figuren zum Beispiel mit einer Rüstung dargestellt, die einen Bedarf an Schutz aufzeigen soll und damit auf eine eigentliche Verwundbarkeit hinweist. Oder wird so manches Gesicht von einer Maske verhüllt und es gilt zu ergründen, was darunter liegt.

 

Tiefgang und Farbenvielfalt

 

Die Bilder zeigen dabei eine große Farbenvielfalt und gehen ihrem Tiefgang folgend bis ins Dunkle und Düstere.

 

Inspiriert sind die Werke von persönlichen Erfahrungen, Politik und antiken Mythen. Jedoch sind diese nicht mit einer bestimmten Bedeutung im Sinne geschaffen worden. „Ich bin das Werkzeug“, beschreibt Andrea Rausch als ihr Verhältnis zu den Malereien. Hinter den Werken steht ein Prozess der „Erforschung der menschlichen Natur“.

 

Es geht der Künstlerin nicht darum Kritik zu üben oder zu urteilen, sondern sich den Themen zu öffnen und die Auslegung der Bilder ebenso offen zu lassen.

 

Offenheit und Kommunikation sollen auch Grundlage für den Besuch der Ausstellung sein. Andrea Rausch wünscht sich, dass Besucher sich Zeit nehmen und die Kunstwerke nicht nur als solche betrachten, sondern „sich öffnen und reindenken“. Die Bilder sollen die Betrachter zu den gleichen Prozessen anregen, die sie motiviert haben und nicht bloß als ein Resultat darstehen. Es geht dabei um Kommunikation, von Mensch zu Mensch und Mensch zu Bild, quasi von „Kopf zu Kopf“.